Donnerstag, 20.06.2024
Liberalismus und Intelligenz
Meinungs-Artikel spiegeln die Meinung der Autoren wider, nicht unbedingt die des Kreisvorstandes.
Gestern hatten wir eine äußerst lebendige und anregende Diskussion (auf dem außerordentlichen Kreisparteitag, Anmerkung der Red.), in deren Verlauf ich die Auffassung vertrat, dass das Verständnis liberaler Positionen ein gewisses intellektuelles Niveau verlangt, wofür ich gebührenden Widerspruch erhielt. Aber ich bleibe dabei. Wer nicht selbst denken will, und das nimmt zu, ist leichte Beute für die verlockenden Botschaften der autoritären Vereinfacher. Sie appellieren nicht an Ethik und Werte, sondern wissen, dass der atavistische Egoismus im Krisenfall nicht mehr von der dünnen Hülle der Zivilisation verdeckt wird.
Freilich, Naturtalente wie D. Trump brauchen keinen philosophischen Hintergrund. Aber den gibt es, und es lohnt sich, ihn kennenzulernen. Statt langer Ausführungen empfehle ich ganz ein dringlich die Lektüre des Buches von Karl-Heinz Ott "Verfluchte Neuzeit". Das sind mehr als 400 Seiten geballter Information über das Fortschreiten der geistigen Rückschrittler, die den Tod Gottes durch die Anbetung der Macht kompensieren. Liest sich gar nicht trocken, sondern spannend, allerdings auch erschreckend für Gemüter, die meinen, die Gedanken der Aufklärung müssten doch kraft ihrer Vernunft gewonnen haben.
Dass Menschen so verschieden sind und doch gleich sein sollen, dass Menschenrechte auch dann gelten sollen, wenn es für uns unbequem ist, dass meine heiligen (Vor)urteile durch andere Menschen in Frage gestellt werden dürfen, solche problematischen Behauptungen sind schlichten Gemütern unwillkommen. Sie laufen gern denen zu, die Zucht (für die
anderen) und Ordnung (für die Anhänger) versprechen, natürlich bei Aufstiegschancen für begabte Opportunisten, und die schießen trendgemäß wie Pilze aus dem treudeutschen Waldboden und benachbarten Regionen.
anderen) und Ordnung (für die Anhänger) versprechen, natürlich bei Aufstiegschancen für begabte Opportunisten, und die schießen trendgemäß wie Pilze aus dem treudeutschen Waldboden und benachbarten Regionen.
Reaktionäres Denken gewinnt an Boden, weil es leichter begreiflich ist als unsere fragilen Konstrukte aus Emanzipation und Toleranz, Meinungsfreiheit und schwankenden Mehrheiten. Guckt euch doch die Wirklichkeit an: Demokratie=Schwäche, Diktatur=Stärke - das leuchtet doch ein! Oder? Um sich gegen diese terrible simplificateurs zu rüsten, ist obiges Buch eine gute Waffe.