Das haben schon viele gemeint und gehofft. Natürlich in erster Linie die Feinde einer offenen
Gesellschaft wie Kommunisten und Nationalsozialisten. Und sie haben sich getäuscht. Aber
auch in der freiheitlichen Demokratie wurde immer wieder gern die Berechtigung des
liberalen Standpunkts angezweifelt. Und jetzt, nach unserem Absturz, kommt zur Missgunst
noch die Schadenfreude.
Donnerstag, 17.04.2025

Ivo Kügel
Die Liberalen am Ende?
Derlei Tiefpunkte gab es schon öfter, und wir haben sie überwunden. Ernster zu nehmen wäre
die Stimme von Prof. Jürgen Falter (Universität Mainz, NWZ 2.9.) „Die FDP hat sich
scheinbar selbst überlebt. Fast alles, wofür sie eingetreten ist, ist bereits erfüllt.“ Freilich, die
klassischen Forderungen sind es. Die Freiheit von Meinung und Bekenntnis, für Presse und
Gewerbe, Freizügigkeit, Gleichberechtigung, das hat Gesetzeskraft - wenn auch noch nicht
überall Überzeugungskraft.
die Stimme von Prof. Jürgen Falter (Universität Mainz, NWZ 2.9.) „Die FDP hat sich
scheinbar selbst überlebt. Fast alles, wofür sie eingetreten ist, ist bereits erfüllt.“ Freilich, die
klassischen Forderungen sind es. Die Freiheit von Meinung und Bekenntnis, für Presse und
Gewerbe, Freizügigkeit, Gleichberechtigung, das hat Gesetzeskraft - wenn auch noch nicht
überall Überzeugungskraft.
Aber hat sich die Welt seither nicht weiter gedreht? Als unser Grundgesetz entstand, brachte
es der Überwachungsstaat höchstens zu einem Knacken im Telefon. Die Bonner Republik war
noch ein Nationalstaat und Flüchtlinge sprachen deutsch. Und die D-Mark war das solide
Maß aller Wirtschaftswunderdinge. - Übrigens ist das der durch Erinnerung verklärte
Zustand, von dem die AfD vorspiegelt, er wäre wieder erreichbar.
es der Überwachungsstaat höchstens zu einem Knacken im Telefon. Die Bonner Republik war
noch ein Nationalstaat und Flüchtlinge sprachen deutsch. Und die D-Mark war das solide
Maß aller Wirtschaftswunderdinge. - Übrigens ist das der durch Erinnerung verklärte
Zustand, von dem die AfD vorspiegelt, er wäre wieder erreichbar.
Die FDP hat zur Entwicklung der Bundesrepublik immer Wichtiges geleistet, in Rechts- und
Verfassungsfragen, zur sozialen Marktwirtschaft, dem Schutz der Bürgerrechte, der
Entspannung und friedlichen Wiedervereinigung. Dabei war sie auf lange Sicht immer dann
erfolgreich, wenn sie auf jeden Populismus verzichtete.
Verfassungsfragen, zur sozialen Marktwirtschaft, dem Schutz der Bürgerrechte, der
Entspannung und friedlichen Wiedervereinigung. Dabei war sie auf lange Sicht immer dann
erfolgreich, wenn sie auf jeden Populismus verzichtete.
Und nun ist das Soll erfüllt? Gibt es da nicht zum Beispiel eine Bildungslandschaft voller
Ungereimtheiten? Muss die Marktwirtschaft nicht neu gewertet werden? Können wir die
demografischen Umbrüche hinnehmen, ohne Konzepte zu entwickeln? Wie reagieren wir auf
den Wechsel vom Nationalstaat zum Einwanderungsland? Wehren wir uns nicht mehr gegen
die Macht der Medien und die ihrer Überwacher?
Ungereimtheiten? Muss die Marktwirtschaft nicht neu gewertet werden? Können wir die
demografischen Umbrüche hinnehmen, ohne Konzepte zu entwickeln? Wie reagieren wir auf
den Wechsel vom Nationalstaat zum Einwanderungsland? Wehren wir uns nicht mehr gegen
die Macht der Medien und die ihrer Überwacher?
Ja, das derzeitige Klima ermuntert nicht zum Engagement. Die große Koalition vertagt
Wichtiges und zerstreitet sich wegen Petitessen unter schwacher Beteiligung der Opposition.
Die Diskussion verflacht, Politik hat ein miserables Image. Sind nicht gerade das genügend
Gründe, um ganz energisch zu beweisen, wozu es Freie Demokraten gibt?
Wichtiges und zerstreitet sich wegen Petitessen unter schwacher Beteiligung der Opposition.
Die Diskussion verflacht, Politik hat ein miserables Image. Sind nicht gerade das genügend
Gründe, um ganz energisch zu beweisen, wozu es Freie Demokraten gibt?
Denn so frei waren wir selten. Nämlich frei von der zuletzt so schädlichen Koalitionsdisziplin,
allerdings auch frei von Erfolgen. Aber es gibt nicht nur die Freiheit von etwas, sondern auch
die für etwas, nämlich für eine Politik mit Perspektive statt Verwaltung auf kurze Sicht.
Freiheit für ehrliche Antworten auf zu lange verdrängte Fragen. Oder gibt es jemanden, der
uns von dieser Aufgabe entlastet?
allerdings auch frei von Erfolgen. Aber es gibt nicht nur die Freiheit von etwas, sondern auch
die für etwas, nämlich für eine Politik mit Perspektive statt Verwaltung auf kurze Sicht.
Freiheit für ehrliche Antworten auf zu lange verdrängte Fragen. Oder gibt es jemanden, der
uns von dieser Aufgabe entlastet?
Die Mehrheitsparteien mit ihren Rücksichtnahmen und Bedenklichkeiten? Grüne Strategien
zum Wohlverhalten? Linke Lenkungsgläubigkeit? Oder die schon angesprochene Rückwärts-
drehung einer Alternative für Deutschland, die aus alten, veralteten Alternativen besteht?
zum Wohlverhalten? Linke Lenkungsgläubigkeit? Oder die schon angesprochene Rückwärts-
drehung einer Alternative für Deutschland, die aus alten, veralteten Alternativen besteht?
Nein, so billig können und dürfen wir es uns doch nicht machen. Unser Vorwurf an diese
Richtungen heißt: Sie predigen Stagnation oder Illusion, während sich die gesellschaftlichen
Bedingungen bedrohlich wandeln. Veraltete Rechtsnormen, Besitzstände, lieb gewonnene
Zustände müssen aber vorausschauend verändert oder überwunden werden. Wenn wir da
nicht Neues wagen, dann allerdings machen wir uns selbst überflüssig.
Richtungen heißt: Sie predigen Stagnation oder Illusion, während sich die gesellschaftlichen
Bedingungen bedrohlich wandeln. Veraltete Rechtsnormen, Besitzstände, lieb gewonnene
Zustände müssen aber vorausschauend verändert oder überwunden werden. Wenn wir da
nicht Neues wagen, dann allerdings machen wir uns selbst überflüssig.
In der ZEIT war zu lesen: „Wahrscheinlich liegt die Überlebenschance der FDP darin, das
Unorthodoxe zu sagen und wenn möglich, auch umzusetzen. Eine liberale Partei ist dazu
verdammt, immer wieder, so schwer es ihr auch fallen mag, gegen die herrschende Meinung,
gegen den Konsensus der Bequemlichkeit zu Felde zu ziehen.“ Die Aussage ist aktuell, die
Zeitung nicht mehr ganz - es war die Ausgabe vom 8. April 1966.
Unorthodoxe zu sagen und wenn möglich, auch umzusetzen. Eine liberale Partei ist dazu
verdammt, immer wieder, so schwer es ihr auch fallen mag, gegen die herrschende Meinung,
gegen den Konsensus der Bequemlichkeit zu Felde zu ziehen.“ Die Aussage ist aktuell, die
Zeitung nicht mehr ganz - es war die Ausgabe vom 8. April 1966.
Und auch das ist eine alte Weisheit: Durststrecken überwindet man nicht, indem man auf
Regen hofft, sondern indem man neue Quellen sucht. Diese Freiheit kann uns niemand
nehmen. Die Arbeit gelingt nicht durch hektisches Taktieren auf Führungsebene. Jedes
Mitglied und alle Interessierten sind persönlich gefordert. Schließlich sind Liberale keine
Empfänger von Parolen, sondern Selbstdenker. Haben wir denn dieses Potenzial schon
ausgeschöpft?
Regen hofft, sondern indem man neue Quellen sucht. Diese Freiheit kann uns niemand
nehmen. Die Arbeit gelingt nicht durch hektisches Taktieren auf Führungsebene. Jedes
Mitglied und alle Interessierten sind persönlich gefordert. Schließlich sind Liberale keine
Empfänger von Parolen, sondern Selbstdenker. Haben wir denn dieses Potenzial schon
ausgeschöpft?
In der Vergangenheit haben wir uns zu oft auf den Rückhalt verlassen, den inzwischen
legendäre Führungspersonen boten. Aber sind wir denn wirklich so abhängig von
Medienpräsenz und komfortabler Organisation, dass uns ohne sie nichts mehr einfällt?
Liberalen steht es gerade nicht an, über „oben“ zu klagen und „unten“ zu resignieren.
legendäre Führungspersonen boten. Aber sind wir denn wirklich so abhängig von
Medienpräsenz und komfortabler Organisation, dass uns ohne sie nichts mehr einfällt?
Liberalen steht es gerade nicht an, über „oben“ zu klagen und „unten“ zu resignieren.
Die berühmte Aufgabe der Parteien, nach Art. 21 GG bei der Willensbildung des Volkes
mitzuwirken, ist hoffentlich noch ein bisschen mehr als nur Mittel zu Wahlerfolgen. Sie sollte
unseren eigenen Willen und unsere eigene Bildung wach rütteln, die aktive Beteiligung nicht
den Routiniers und Karrieristen zu überlassen. Wer da nur fragt, was ihm das bringt, der
allerdings möge sich bitte beizeiten von uns verabschieden.
mitzuwirken, ist hoffentlich noch ein bisschen mehr als nur Mittel zu Wahlerfolgen. Sie sollte
unseren eigenen Willen und unsere eigene Bildung wach rütteln, die aktive Beteiligung nicht
den Routiniers und Karrieristen zu überlassen. Wer da nur fragt, was ihm das bringt, der
allerdings möge sich bitte beizeiten von uns verabschieden.
Wir aber sind, wie eigentlich seit je, in der Pflicht der Freiheit. Die Freiheit, die wir meinen,
kann nie gesicherter Besitz sein, sie bleibt ständige Herausforderung. Jeder Tag zeigt uns, wie
wenig selbstverständlich die Maxime „im Zweifel für die Freiheit“ ist. Vorurteile,
Ressentiments, Phantasielosigkeit, Bedenken, aber auch Aggression und Machtstreben mit
Mitteln der Gewalt schränken den Raum zur Entfaltung sofort ein, wenn wir ihn nicht
verteidigen.
kann nie gesicherter Besitz sein, sie bleibt ständige Herausforderung. Jeder Tag zeigt uns, wie
wenig selbstverständlich die Maxime „im Zweifel für die Freiheit“ ist. Vorurteile,
Ressentiments, Phantasielosigkeit, Bedenken, aber auch Aggression und Machtstreben mit
Mitteln der Gewalt schränken den Raum zur Entfaltung sofort ein, wenn wir ihn nicht
verteidigen.
Also setzen wir auf das, was uns über Gewinn oder Verlust gehen muss - die Freiheit
individuellen Denkens und Handelns, den Mut zur eigenen Überzeugung und die Bereitschaft,
sich dafür persönlich einzusetzen. Alle, die uns beerben möchten, werden wir am besten
dadurch enttäuschen, dass wir liberal und lebendig bleiben.
individuellen Denkens und Handelns, den Mut zur eigenen Überzeugung und die Bereitschaft,
sich dafür persönlich einzusetzen. Alle, die uns beerben möchten, werden wir am besten
dadurch enttäuschen, dass wir liberal und lebendig bleiben.