Dieser Tage wurde an mich immer wieder die Frage gerichtet, ob es gut sei, dass die Bundesjugendspiele für Grundschüler reformiert wurden und welche Auswirkungen das auf den Vereinssport habe. Der Fehler dieser Diskussion liegt darin, dass eine Zuspitzung erfolgt in Richtung „Leistung? – ja oder nein“. Vielmehr sollten wir die Frage stellen: bewegen sich unsere Kinder noch genug? Die Antwort lautet eindeutig: Nein! Aus Sicht der gesundheitlichen Prävention, da sind sich die Expertinnen und Experten einig, beobachten wir eine alarmierende Entwicklung! Die Pandemie hat die Lage noch verschärft.
Für den Vereinssport sind die Bundesjugendspiele allerdings kaum relevant. Ein Tag im Jahr richtet weder Schaden an, noch lernen Kinder dabei eine richtige Bewegungskultur. Bewegung, Spiel und Sport sollten Teil des täglichen Curriculums sein! Der Vereinssport wird natürlich immer auch als Leistungssport betrieben und die Menschen, die das tun, machen das freiwillig und ziehen aus dieser Aktivität hohe Lebensqualität. Es liegt in der Natur von Menschen und Kindern, sich zu vergleichen und auch in Wettkämpfen zu messen. Es geht um Motivation, Ertüchtigung und soziale Teilhabe. Es geht auch um die Vorbereitung auf eine Leistungsgesellschaft. Menschen mit Behinderung, die im Berufsleben oftmals auf Schwierigkeiten stoßen, können im Sport erfolgreich sein, sie können ihr Selbstwertgefühl steigern und stolz auf ihre Leistungen sein! Das zeigt u. a. die erfolgreiche Entwicklung bei den Paralympics.
Wird der Sport richtig (!) betrieben, spornt er Menschen an und dient der Gesundheit im Sinne der Gesundheitsdefinition der WHO, die neben der körperlichen auch die psychische Gesundheit und die soziale Teilhabe einschließt. Breitensport und Leistungssport sind zwei Seiten derselben Medaille und insofern lautet die Antwort des Stadtsportbundvorsitzenden: die politische Diskussion um die Bundesjugendspiele ist für uns nicht nachvollziehbar und befremdlich.
Wichtig wäre ein Bewegungskonzept, das Kindern jeden Tag und jede Stunde Bewegung ermöglicht. Bewegung ist nicht „nice to have“, sondern eine biologische Grundvoraussetzung von Lernen. Bewegung soll ertüchtigen und motivieren, denn „Lernen braucht Bewegung“ – auch hier sind sich die Expertinnen und Experten einig. So wird in Nordrhein-Westfalen Bewegung in der Ganztagsbildung deutlich konsequenter umgesetzt, als in Niedersachsen. In NRW wird auch der organisierte Sport viel stärker von den Kommunen mit finanziellen Mitteln unterstützt. Leider gibt es kein bundeseinheitliches Konzept!
In der deutschen Politik wird immer von der Wichtigkeit der Bildung gesprochen, aber am Ende sind wir nicht bereit, die Investitionen, die in die Bildung nötig wären, zu realisieren. Im angelsächsischen System gibt es seit jeher die Ganztagsschule mit hauptamtlichen Pädagogen. In Deutschland will man derzeit die Vorzüge von Ganztagsschule einrichten, ohne die Kosten zahlen zu wollen. Staat, Länder und Kommunen sind bei uns nicht bereit, die Ganztagsbildung mit genug qualifizierten pädagogischen Fachkräften auszustatten.
Wir als organisierter Sport wollen gerne unseren Beitrag zur außerschulischen Bildung und Bewegung leisten. Aber wir können nicht Bewegung in der hauptamtlichen Ganztagsschule mit Ehrenamtlichen ermöglichen. Durch den Übergang zur Ganztagsbildung bewegen sich Kinder leider noch weniger und den Vereinen geht dieses Zeitfenster zunehmend verloren! Es wird derzeit nicht besser, sondern schlechter! Wir brauchen einen sektorübergreifenden „Bildungspakt für Bewegung“ aller Beteiligten – das sind Lehrer, Betreuer im Ganztag und Vereinstrainer. Nur gemeinsam meistern wir die Herausforderungen – und auch das geht übrigens nach dem Prinzip Leistung.
Freitag, 29.09.2023
Wie halten wir es mit dem „Leistungssport“?
Meinungs-Artikel spiegeln die Meinung der Autoren wider, nicht unbedingt die des Kreisvorstandes.